Die Weihnachtsmarktbuden öffnen, die Tage werden kürzer und die Skifahrer lockt das weiße Gold – der Winter naht und mit ihm eine gemütliche und besinnliche Zeit. Aber auch Kälte, Eis und Schnee begleiten uns in dieser Jahreszeit. Ein warmer Jager-Tee scheint da genau das Richtige zu sein, um den Körper wieder auf Temperatur zu bekommen. Doch der Schein trügt: Die Binsenweisheit, dass alkoholhaltige Getränke aufwärmen, stimmt so nämlich nicht.
Der Mensch ist ein gleichwarmes Lebewesen, d. h., dass lebenswichtige Körperfunktionen nur bei einer bestimmten, immer gleichen Körpertemperatur optimal verlaufen. Die normale Körpertemperatur, auch Körperkerntemperatur genannt, liegt zwischen 36,5 und 37,5 °C. Für den Temperaturhaushalt wird zwischen „Körperkern“ und „Körperschale“ unterschieden. Der „Körperkern“ bezeichnet die lebenswichtigen Organe wie Herz, Lunge und Gehirn. Diese Organe benötigen zur Erhaltung eine gleichbleibende Temperatur. Anders ist es bei den außenliegenden Körperregionen, die im Begriff „Körperschale“ zusammengefasst werden. Arme, Beine und die oberflächlichen Hautschichten können Temperaturschwankungen besser vertragen. Damit die Körpertemperatur im optimalen Bereich bleibt, messen Rezeptoren die körpereigene und die Umgebungstemperatur. Sinkt die Körpertemperatur ab, versucht der Körper durch Kältezittern der Muskulatur Wärme zu erzeugen, um die Temperatur des „Körperkerns“ aufrecht zu erhalten. Zusätzlich ziehen sich die Blutgefäße in den Extremitäten zusammen und verringern so die Durchblutung der außenliegenden Körperteile, um die Durchblutung und Wärmeversorgung der wichtigen innenliegenden Organe zu gewährleisten.
Übermäßiger Konsum von alkoholhaltigen Getränken kann diesen Temperatur-Schutz von „Körperschale“ zu „Körperkern“ beeinträchtigen. Gerade in der Winterzeit, z. B. beim Weihnachtsmarktbesuch, ist dies zu beachten: „Alkoholhaltige Heißgetränke sollten nicht zum Aufwärmen konsumiert werden. Die Binsenweisheit, dass Alkohol den Körper wärmt, kann so nicht aufrecht erhalten werden, denn Alkohol führt zu einer Weitstellung der Blutgefäße an der Hautoberfläche und damit zu einem stärkeren Wärmeverlust“, informiert Dr. Dieter Conrad, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Hessen e. V. Durch die erweiterten Blutgefäße an der Körperoberfläche entsteht zwar ein angenehm warmes Gefühl auf der Haut. Tatsächlich strahlt der Körper dadurch aber mehr Wärmeenergie nach außen ab, denn das warme Blut aus dem „Körperkern“ wird in die erweiterten Blutgefäße der Haut gepumpt, kühlt dort ab und fließt wieder zurück. Die inneren Organe werden dadurch schlechter durchblutet und die Körpertemperatur sinkt insgesamt schneller ab. „Der Körper friert“, während die durch Alkohol erweiterten Blutgefäße an der Hautoberfläche dem Gehirn ein vermeintlich warmes Gefühl vermitteln.
„Durch den Konsum alkoholhaltiger Getränke und die Beeinträchtigung des körpereigenen Wärmehaushaltes kann das Immun- und Abwehrsystem geschwächt werden. Man erkältet sich, ohne es zu merken. Erkältungen oder grippale Infekte haben so leichteres Spiel“, erklärt Dr. Dieter Conrad weiter.
Damit Weihnachtsmarktbesucher die kalte Jahreszeit trotz Kälte genießen können, sollten folgende Tipps beachtet werden:
- Aufgrund des verstärkten Wärmeverlustes durch die alkoholbedingte Weitung der Blutgefäße an der Hautoberfläche sollten Sie alkoholhaltige Getränke maßvoll konsumieren und zum Aufwärmen lieber auf alkoholfreie Heißgetränke (Tee, heiße Säfte etc.) zurückgreifen.
- Schützen Sie Ihren Körper vor Kälte durch ausreichend warme Kleidung, wenn Sie einen Spaziergang durch die Winterluft oder über den Weihnachtsmarkt machen. Der sogenannte Zwiebel-Look oder Funktionswäsche helfen dabei. Zur Stärkung von innen helfen alkoholfreie Heißgetränke wie Tee oder Kakao.
Auch Wintersportler sollten zum Aufwärmen vor der nächsten Abfahrt besser auf alkoholhaltige Getränke verzichten:
- Sinkt die Körpertemperatur, wird auch die Leistung des Gehirns eingeschränkt. In Kombination mit Alkohol wird diese Beeinträchtigung noch verstärkt. Gefahren können nicht mehr richtig eingeschätzt werden. Auch die Motorik wird eingeschränkter, sodass zum Beispiel Stürze nicht mehr rechtzeitig abgefangen werden können und die Verletzungsgefahr steigt.