Gerade jüngere Menschen sind noch nicht krisenerprobt. Viele haben auf ihrem bisherigen beruflichen und privaten Lebensweg nur wirtschaftlichen Aufschwung und schier grenzenlose private Chancen erlebt. Die aktuelle Situation der Corona-Pandemie schafft dagegen verständlicherweise für viele große Verunsicherung. Viele machen sich Sorgen um ihre berufliche Zukunft und natürlich um ihre Gesundheit oder die Gesundheit ihrer Eltern und Großeltern. Gleichzeitig erleben viele die Isolation im „Homeoffice“ und in der Zeit der Kontaktsperre als Freiheitsbeschränkung, die im krassen Gegensatz zu der vorherigen ungebremsten Mobilität steht. Einige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfahren erstmals Kurzarbeit und Unsicherheit für ihre Beschäftigungsverhältnisse. Ängste und Sorgen können zu einem erhöhten Alkoholkonsum führen, denn Alkohol hat eine vorübergehend beruhigende und entspannende Wirkung.
Was passiert im Gehirn?
Diese entspannende Wirkung von Alkohol beruht auf chemischen Prozessen im Gehirn: Hierbei sind vor allem zwei Botenstoffe im Gehirn entscheidend beteiligt: GABA (Gamma-Aminobuttersäure) und Glutamat. GABA wirkt wie eine Bremse auf Nervenzellen: Dockt der Stoff an einer Zelle an, gibt diese nur noch verlangsamt Informationen an andere Zellen weiter. Alkohol ist in der Lage, so genannte GABA-Rezeptoren an der Zelloberfläche zu besetzen und die beruhigende Wirkung auf diese Art noch zu verstärken. Gegenspieler zu GABA ist das Glutamat. Es regt die Aktivität der Gehirnzellen an. Alkohol hat die Eigenschaft, die Glutamat-Rezeptoren zu blockieren, was einen weiteren dämpfenden, entspannenden und beruhigenden Effekt hat.
Doch Achtung: Alkohol beruhigt nur kurzfristig. Vor allem, wer regelmäßig trinkt, greift in das Gleichgewicht der Botenstoffe GABA und Glutamat im Gehirn ein. Auf die Ruhe folgen dann Übererregtheit und Ängstlichkeit. Man spricht von einem „Rebound-Effekt“. Der „Rebound-Effekt“ beruht auf einer Erhöhung der Glutamat-Rezeptoren als Kompensation für die von Alkoholmolekülen besetzten Rezeptoren. Sinkt der Alkoholspiegel, findet das freigesetzte Glutamat einen Überschuss an Rezeptoren vor, an denen es andocken kann. Dies führt zu einer erhöhten Unruhe, Ängstlichkeit oder Schlaflosigkeit.
- Ein maßvoller, verantwortungsbewusster und vor allem nicht täglicher Konsum hat dagegen kaum Einfluss auf das chemische Gleichgewicht im Gehirn.
- Gerade in Krisenzeiten sollten Ängstlichkeit, Unruhe und Sorgen keine Anlässe für täglichen Konsum von alkoholhaltigen Getränken bieten. Diplom-Psychologin Susanna Hartmann-Strauss rät daher: „Änderungen sind umso leichter, je weniger stabil ein Verhaltensmuster bereits in den Tagesalltag integriert ist – steuern Sie also frühzeitig gegen, wenn Sie ungünstige Veränderungen an sich selbst bemerken.“
- Wenn Sie Sorgen und Ängste zunehmend belasten, suchen Sie das Gespräch mit Familie oder Freunden oder suchen Sie sich professionelle Hilfe bei einem Psychologen. Gesprächs- und verhaltenstherapeutische Ansätze können hier helfen, Ängste zu bewältigen. Darüber hinaus gibt es auch eine Vielzahl von Telefonseelsorge-Hotlines, an die Sie sich 24h wenden können.
- Stellen Sie sich den Situationen, die Angst auslösen, und finden Sie eine passende Strategie, den Ängsten zu begegnen. Auf diese Weise können Sie neue Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster erlernen und erfahren, dass Sie die betreffenden Situationen auch ohne Angst meistern können.
- Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, sportliche Aktivitäten wie z. B. Yoga helfen, auf natürliche Art zu entspannen.